Die Geschichte von Lehman Brothers nahm mit der Familie Lehman im unterfränkischen Rimpar, nähe Würzburg, ihren Anfang. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren Juden der christlichen Bevölkerung zwar in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens gleichgestellt, doch jedes Dorf und jede Stadt durfte nur eine begrenzte Anzahl niedergelassener Juden aufweisen. Dies erschwerte nicht nur die Wahl eines Wohnsitzes, sondern auch Heirat und Familienplanung. Um 1830 wurde dies für die heranwachsende Generation zu einem so drängenden Problem, dass eine regelrechte Auswanderungswelle durch Bayern rollte. Zu tausenden verließen Juden ihre deutsche Heimat, unter ihnen die drei Brüder Henry, Emanuel (Mendel) und Mayer (Maier) Lehman, drei Söhne des Viehhändlers Abraham Löw Lehmann. Henry, damals noch Hayum oder Heinrich, Lehman war damals 23 Jahre alt.
Im Jahre 1844 gründete Henry Lehman in Alabama mit seinen Brüdern eine Gemischtwarenhandlung. Nur wenige Jahre später stieg „Lehman Brothers“ in den Rohstoffhandel ein, indem sie Baumwolle in ihrem Geschäft als Zahlungsmittel akzeptierten und sie weiterverkauften oder gegen andere waren eintauschten. So entstand eine sehr rentable Warenvermittlung für Baumwolle. Im Jahre 1858 wurde ein Büro in New York eröffnet. Aus mittellosen deutsch-jüdischen Einwanderern wurden so wohlhabende Geschäftsmänner. Nach Ende des Amerikanischen Bürgerkrieges 1865 nahm die Zahl reicher Amerikaner, die in den Handel mit Eisenbahnwertpapieren investieren wollten, sprunghaft zu, da im ganzen Land der Ausbau des Eisenbahnnetzes boomte. Die Lehman Brothers erkannten ihre Chance und stiegen in den Wertpapierhandel ein.
Im Jahre 1889 wagte Lehman Brothers den Sprung an die Börse und weitete seine Geschäfte zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts weltweit aus. In den kommenden Jahren gelangten über den Weg der Lehman Investmentbank Konzerne wie etwa Woolworth an die Börse. Die Geschäfte florierten und die Nachkommen der Lehman Brothers machten sich nicht nur als erfolgreiche Geschäftsleute einen Namen sondern gingen auch in die Politik. 1932 wurde Herbert Lehman zum Gouverneur von New York gewählt.
1969 verstarb mit Bobby Lehman der letzte aus der Familie, der die Geschicke des Bankhauses an der Spitze mitgeleitet hatte. Das Traditionshaus blieb zunächst weiter auf Erfolgskurs. 1977 fusionierte Lehman Brothers mit Kuhn, Loeb & Co, einer weiteren amerikanischen Investmentbank mit Hauptsitz New York. Der neue Vorstandschef, Peter Peterson, bescherte Lehman erfolgreiche Zeiten.
Nach anfänglichen Erfolgen wendete sich das Blatt und Lehman Brothers drohte zwischen den Streitigkeiten von Händlern und Investmentbankern zerrieben zu werden. Das Bankhaus wurde in der ersten Krise unter Petersons Nachfolger, Lewis Glucksman, 1984 an einen Ableger des Konzerns American Express verkauft. Doch Lehman Brothers gewann seine Selbstständigkeit nur zehn Jahre später wieder zurück, als American Express beschloss, sich von seinem Broker- und Bankengeschäft zu trennen.
Investmentbanking und festverzinsliche Wertpapiere blieben Schwerpunkte des Geschäfts. Noch im Mai 2007 kaufte Lehman Brothers den US-Wohnimmobilientrust Archstone-Smith für 22 Milliarden US-Dollar. Im Sommer 2007 kündigte sich durch die Finanzkrise an den Börsen unaufhaltsam der Beginn einer Krise, der Subprimekrise, auf dem amerikanischen Immobilienmarkt an, erste hochdotierte Fonds brachen zusammen, 1,5 Milliarden von Anlegern verschwanden in einem Schwarzen Loch der Börse. Doch noch konnte niemand ahnen, dass sich hier der Beginn einer Finanz- und schließlich Wirtschaftskrise abzeichnete, deren Auswirkungen noch die ganze Welt erschüttern sollte. Lehman Brothers musste im Zuge der Finanzkrise zunächst einen Betrag von 3,3 Milliarden US-Dollar abschreiben. Zwischen April und Juni 2008 wurden Kapitalerhöhungen von insgesamt 9 Milliarden US-Dollar nötig. Doch auch weitere Maßnahmen wie der Verkauf von Mehrheitsanteilen waren für die Stabilisierung der Investmentbank nicht ausreichend. Der CEO Richard Fuld mit dem Spitznamen „Gorilla“ kam 1969 als Wertpapierhändler zu Lehman und wurde 1994 Vorstandschef. Im Jahre 2008 war Bernard Bernanke der auch als „Helikopter-Ben“ bekannte Zentralbankchef und Henry Paulson Finanzminister der Bush-Regierung vormals Chef des Erzrivalen Goldman Sachs. Nachdem Anfang des Jahres 2008 Gerüchte über eine Pleite der Investmentbank aufkam dementierte die Bank noch vehement, der Aktienkurs fiel aber immer weiter. Mitte März erwischte es die Investmentbank Bear Stearns, diese wird an JPMorgan Chase notverkauft. Um die Märkte zu beruhigen senkte die US-Notenbank FED im März und Ende April zwei mal den Leitzins um 75 Basispunkten und weiteren 25 Basispunkten auf 2,00 Prozent. Zu dieser Zeit konnte man sich noch nicht vorstellen eine so große Investmentbank pleite gehen zu lassen „Too Big to Fail“. Nachdem am 8. September die US-Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac auch noch verstaatlicht wurden verschärfte sich die Finanzkrise zu einer Weltwirtschaftskrise. Die größte Wirtschaftskrise seit 1929. Zumal auch die englische Barclays Bank nicht bereit war, sich an Lehman Brothers zu beteiligen, und die US-Regierung die Unterstützung verweigert, geschah was niemand für möglich gehalten hatte, der Zusammenbruch der Lehman Brothers Investmentbank konnte nicht mehr abgewendet werden und so musste die Bank am Montag, den 15. September 2008 Insolvenz anmelden. Innerhalb weniger Tage verloren fast 25.000 Angestellte von Lehman Brothers ihre Arbeit. Die Pleite von Lehman Brothers war mit 613 Milliarden US-Dollar Schulden die größte Finanzpleite der US-Geschichte. Nur zwei Tage nach dem Zusammenbruch gab Barclays bekannt, dass sie große Teile des Lehmanschen US- Geschäfts, die gesamte Infrastruktur und einen Teil der Angestellten übernehmen werde. Am 22. September stieg das japanische Brokerhaus „Nomura Holdings“ in den Ausverkauf ein, und übernahm die Geschäfte der Lehman Brothers in Asien und die Investmentbanksparte in Europa und den Nahen Osten. Nach der Pleite hinterließ das Traditionshaus einen geschätzten Schuldenberg von etwa 200 Milliarden US-Dollar. Weit höher liegt der weltweite Schaden, das die Lehmanpleite eine Kettenreaktion auslöste und heute als Ursache für einen globalen Finanzkollaps gilt, der die Welt 1,5 Billionen US-Dollar kostete. Die Vertrauenskrise zwischen den Banken hält bis heute an.
Als „berühmteste Überweisung“ ging in die Finanzgeschichte die Überweisung von 320 Millionen Euro der KfW Förderbank auf das Konto der insolventen Lehman Bank bei der Citibank ein. Die im Gegenzug erwarteten 500 Millionen US-Dollar blieben aber aus. Die strafrechtliche Prüfung der Staatsanwaltschaft wegen Untreue durch Unterlassen ergab nur bedingten Vorsatz und führte es auf Fehler im Risikomanagement der Bank zurück.
Auch der Begriff „Lehman-Oma“ stammt aus dieser Zeit und wurde als Sinnbild für geprellte Anleger die vermeintlich sichere Lehman-Zertifikate kauften. Diese Zertifikate wurden auch in Deutschland von Banken und Sparkassen vertrieben und lagen nach der Pleite wertlos in den Depots der Anleger.